Die demografische Entwicklung stellt Gesundheitssysteme weltweit vor die Herausforderung, dass Menschen nicht nur länger, sondern auch möglichst gesund und selbstständig leben. Lebensstilfaktoren wie Bewegung, Ernährung, Schlaf und Stressmanagement beeinflussen entscheidend die health‑related quality of life (HRQoL) und langfristig die gesunde Lebenszeit („Gesundheitserwartung“). Die kürzlich veröffentlichte Studie „Digital Multidomain Lifestyle Intervention for Community‑Dwelling Older Adults“ aus der Schweiz (veröffentlicht im März 2025) liefert dazu anschauliche Daten einer RCT‑ähnlichen Mixed‑Methods‑Evaluation mit 108 Teilnehmenden ab 65 Jahren.
Über zwölf Wochen wurde eine App-basierte Intervention angeboten, die vier wesentliche Lebensbereiche abdeckte – körperliche Aktivität, Ernährung, Schlaf sowie Achtsamkeit/Entspannung. Die App wurde gemeinsam mit der Zielgruppe entwickelt, auf einfache Bedienbarkeit und Alltagstauglichkeit fokussiert und mit motivierenden Wochenplänen, digitalen Lernmaterialien und fortschrittlicher Feedbackmechanismen ausgestattet. Obwohl fast die Hälfte der Teilnehmenden frühzeitig ausschied (44 % Drop‑out), absolvierten 56 % der Teilnehmenden das Programm vollständig – was im Kontext digitaler Interventionen bei älteren Erwachsenen als solide gilt. Diejenigen, die das Programm durchliefen, bewerteten Zufriedenheit (6,0/7) und Usability (5,6/7) als hoch. Besonders die körperlichen Aktivitätsinhalte wurden als klar strukturiert und alltagstauglich empfunden; viele Übungen ließen sich mit vorhandenen Haushaltsgegenständen (z. B. Hocker oder Wasserflasche) durchführen.
„Jeder Mensch sollte sich selbst darin schulen, dem Alter erwartungsvoll als der Erfüllung eines Versprechens entgegenzusehen. Wenn wir etwas von der Jugend lernen können, dann besonders dies – denn das innerste Wesen der Jugend ist es, dem Altem als lockendem Versprechen von Glück und Erfüllung entgegenzusehen.“ (Thomas Hanna: Beweglich sein – ein Leben lang, 1988).
Die Studie verfolgt primär patient-reported outcomes wie HRQoL und mentales Wohlbefinden. Es wurden keine klinischen Endpunkte wie Blutdruck, Schrittzahlen oder kognitive Tests erhoben – stattdessen stützen sich die Hinweise auf Verhaltensänderungen auf semistrukturierte Interviews mit Teilnehmenden, in denen z. B. achtsameres Essen, bewussteres Schlafverhalten und gesteigerte Alltagsbewegung thematisiert wurden. Ein zentraler Erfolgsfaktor war das nutzerzentrierte Design: Ältere Teilnehmende wurden aktiv in Entwicklung und Usability‑Tests einbezogen. Inhalte wurden gut verständlich strukturiert, auf realistische wöchentliche Zeitbudgets ausgelegt und klar kommuniziert – so wurde eine hohe Akzeptanz erzielt, ohne technische Überforderung. Resümee: Die Studie zeigt klar, dass auch einfache digitale Tools, wenn sie zielgruppengerecht entwickelt sind, bei älteren Erwachsenen Wirkung entfalten können – insbesondere in Bezug auf Lebensqualität, User Experience und positive Verhaltensaktivierung. Sie liefern wertvolle Hinweise für Versorgungsstrategien, die gesundes Altern im eigenen Zuhause unterstützen möchten. Entscheidend sind dabei: Benutzerfreundlichkeit, Ganzheitlichkeit und realistische Zeitplanung.
Quellen: * Mattli R, Weber M, Raab AM, Haas K, Vorster A, Schmitt KU: Digital Multidomain Lifestyle Intervention for Community-Dwelling Older Adults: A Mixed Methods Evaluation. Int J Public Health. 2025 Mar 14;70:1608014 (DOI 10.3389/ijph.2025.1608014).
* Bildnachweis: Centre for Ageing Better auf Unsplash.
* Autor: Rainer H. Bubenzer, Eichstädt bei Berlin, 9.7.2025.
