Gesundheit

Neuorientierung
der Medizin

Die noch junge Wissenschaft der Psychoneuroimmunologie belegt: Psyche und Gehirn, Nerven-, Hormon- und Immunsystem wirken bei Gesundheit und Krankheit zusammen. Soziales Umfeld, Lebenszusammenhänge, Bildung, Status, Einkommen oder Gemeinschaft, alles hängt mit allem zusammen und beeinflusst wechselseitig individuelles wie soziales Befinden Das menschliche Gehirn arbeitet als Vermittlungsorgan für die Beziehungen des Organismus zur Umwelt und zu anderen Menschen. Diese Interaktionen verändern das Gehirn fortlaufend und machen es für den einzelnen Menschen zu einem biographisch, sozial und kulturell geprägten Organ der Integration und des Ausgleichs nach innen und außen.

Die gesellschaftliche, technische und kulturelle Zeitenwende, die wir gegenwärtig erleben, ruft nach einem Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), der bürgernah, multiprofessionell und vernetzt agiert. Es geht um Lernende Netzwerke, systemische, ganzheitliche, nachhaltige und lebendige Organisationskulturen, die Vertrauen und soziale Geborgenheit sicherstellen und die Menschen als Subjekte fordern und empowern. Die Fürsorgehaltung und Überwachungsstrategien werden durch Kompetenzbildung und eine kooperationsbereite Lebendigkeit abgelöst.

Die Autor*Innen des „Nationalen Aktionsplans Gesundheitskompetenz“ fordern folgerichtig eine „lernende“ Politik: Soziale Systeme und Organisationen wie das Gesundheits- und Pflegesystem oder das Bildungssystem müssen sich rasch und immer wieder neu umstellen und ihre Arbeitsweise anpassen. Die digitale Infrastruktur kann diese Flexibilität unterstützen und das Personal auf neue oder zusätzliche Aufgaben einstellen. Der Umgang mit neuen Gesundheitsrisiken braucht agile und flexible Strukturen und eine interdisziplinäre Kooperation unterschiedlicher Professionen oder Erfahrungen. Die Pflege eines lernenden Netzwerkes wäre die Aufgabe für ein wirksames, kontinuierliches und nachhaltiges Öffentliches Gesundheitsmanagement (ÖGM). Der Weg führt also vom ÖGD zum ÖGM.

Die Gesundheitsversorgung von morgen ist dann keine von oben gestaltete Versorgungsmaschinerie, sondern ein von unten gebildetes, sich selbst organisierendes System. Die „Digitale Transformation“ ermöglicht künftig neue Organisationsweisen und Führungskulturen, Krankenhäuser werden zu atmenden Organismen in einem regionalen Resonanzraum oder einem sozialen Körper. Gesundheitsämter, auch Krankenhäuser oder soziale Gesundheitszentren können zu Dirigenten und Komponisten der regionalen Gesundheitsnetze werden und für eine gesunde Musik mit unterschiedlichen Instrumenten sorgen.

Die Informationstechnologie stellt dafür eine soziales Nervensystem der Wahrnehmung und Steuerung, der transparenten Berichterstattung und der kontinuierlichen Erfolgskontrolle bereit. Das Kommunale Gesundheitswesen verbindet alle beteiligten Kräfte zu einem transparenten und kooperativen Netzwerk, das die im Bezirk, Revier oder Kiez gebrauchten Dienstleistungen der Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitskompetenzbildung sicherstellen kann. Diese Zukunftsvision muss jetzt mit den dafür dienlichen Strukturen, Finanzierungsweisen und der notwendigen fachlichen Ausstattung angegangen und realisiert werden. Die Zeit ist reif und die Not groß, um den Aufbruch in eine neue Politik und eine neue Medizin zu verwirklichen. Dafür setzt sich das Büro für Gesundheit und Prävention e.V. ein. Es will mit sozialen Innovationen zu einem Zusammenwirken von Medizin, Pflege, psychosozialen und sozialpädagogischen Organisationen beitragen und das bürgerschaftliche Engagement als Träger einer gesundheitsförderlichen Zivilgesellschaft im Zusammenwirken mit anderen Akteuren unterstützen und lernende Netzwerke ausbauen und nachhaltig stärken.